27.11.2019 | Aktion Südpfalz-Biotope Auftaktveranstaltung 22.11 in Hochstadt: Amtsblatt Offenbach 48/2019

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Bei der Auftaktveranstaltung der Aktion Südpfalz-Biotope am 22.11. im großen Saal des Hochstadter Dorfgemeinschaftshauses reichte kaum der Platz für die 250 Gäste und die 18 Informationsstände verschiedener Behörden, Institutionen, Initiativen, Verbände und Kommunen.

Die 2018 ins Leben gerufene Aktion Südpfalz-Biotope hat sich die Förderung der Artenvielfalt in der südpfälzischen Kulturlandschaft zum Ziel gesetzt. Sie stellte sich dar als „eine rechtlich privat organisierte Einrichtung bei der NVS-Naturstiftung des Naturschutzverbandes Südpfalz e.V. Über den ehrenamtlichen Naturschutz hinaus versteht sich die Aktion als Initiatorin einer breiten, allgemeinen Bewegung, in der Kreise und Stadt, die Kommunen, viele Akteure in der Landschaft, selbstverständlich die Bevölkerung ihre Beiträge zur Biotopaufwertung in einer über das Land laufenden Welle leisten können“. So formulierte es in seiner Eröffnungsrede der 2. Stiftungsvorsitzende Kurt von Nida. Vorher war dem Signal der Jagdhornbläsergruppe Südliche Weinstraße der uraufgeführte Imagefilm der Aktion mit seinen stimmungsvollen und eindringlichen Bildern vorausgegangen.

Kurt von Nida galten die Entscheidungsträger für den öffentlichen Grundbesitz als wichtigste Ansprechpartner für verbesserte Pflege und damit ökologische Aufwertung der von ihm so getauften „Dorfgemeinschaftsbiotope“. Immerhin waren 40 Kommunen mit Ortsbürgermeistern und Beigeordneten vertreten, dazu 7 Verbandsbürgermeister.

Ministerien mit ihren verschiedenen Behörden, Landtagsabgeordnete, Landräte, Stadtspitze Landau, viele Mitarbeiter von Mainz bis zu den kommunalen Ebenen, Naturschutzberater, Landwirtschaft, Kirchen, Institutionen und Verbände wollten bei diesem großen Treffen ihre Verantwortung für den Schutz der Natur und damit unserer Lebensgrundlage bekunden. Alle signalisierten die Bereitschaft, zu einem allgemeinen Aufbruch anzutreten, am besten gemeinsam in gegenseitigem Vertrauen. Mit der Aktion Südpfalz-Biotope solle man sich identifizieren, da sie allerorten zu konstruktiven Maßnahmen in den Gemarkungen einlädt, forderte von Nida. Die Bevölkerung müsse endlich einsehen, dass die Lebensreserven der Tiere und Pflanzen vor ästhetischen Ansprüchen an Einheitsgrün gehen.

Umweltministerin Ulrike Höfken als wichtigster Gast bestätigte in ihrer Eigenschaft als Vorsitzende der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz die Einmaligkeit dieses Südpfälzer Modells der Naturschutzarbeit für ganz Rheinland-Pfalz. Ihre Stiftung greift der Südpfalz-Biotop-Zentrale finanziell für drei Jahre kräftig unter die Arme mit der Teilförderung zweier Personalstellen. Die Arbeitspakete „Sensibilisierung und Qualifizierung der Kommunen“ und die „Planung eines Biotopverbunds Südpfalz“ auf der Basis einer neuartigen Grundstücksdatenbank galten der Ministerin als entscheidende Erfolgsfaktoren im Kampf gegen Insektensterben und Rückgänge in der Vogelwelt.

Weil die Tätigkeit der Kleinfischlinger Zentrale schon in diesem Jahr große Dimensionen angenommen hat, konnten die Grußworte der Landtagsabgeordneten Alexander Schweitzer und Peter Lerch und der Landräte Dietmar Seefeldt und Dr. Fritz Brechtel auf Schritte in die richtige Richtung verweisen. Die Rettung des südpfälzischen Naturhaushalts muss eine gemeinsame Aufgabe für Staat, Kommunen, Landwirtschaft, ehrenamtlichen Naturschutz und viele weitere Akteure sein. Besonders wurde an die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft appelliert. Die Bevölkerung müsse mitgenommen werden.

Beide Landräte hätten Mittel für ihren Kooperationspartner Aktion Südpfalz-Biotope und deren langfristige Sicherung im Haushalt eingestellt. Die beiden südpfälzischen Sparkassen gingen mit Spenden von jeweils 10.000 Euro mit gutem Beispiel voran, um den Start dieser Mitmach-Aktion auf stabilere Beine zu stellen. Übrigens war zu erfahren, dass die Mitarbeiter der Zentrale für fünfzehnjährige Einzelprojekte in der Südpfalz zum Vorteil der Landkreise bereits Bewilligungen in stattlicher Höhe hereingeholt haben aus Mitteln, die die SNU in Mainz verwaltet.

Zwei Podiumsdiskussionen, moderiert vom Leiter der Gartenakademie Rheinland-Pfalz, Werner Ollig, vertieften die Problematik der Naturschutzaufgaben.

Beim Thema Biotopverbund sprach man speziell die Querung der Acker- und Weinbergsflächen in Nord-Süd-Richtung an, um naturnahe Wanderlinien von Bachaue zu Bachaue für Insekten, Amphibien oder auch Vögel anzubieten. Hier sind bisweilen noch Böschungshecken, Hohlwege oder Feldgehölze vorhanden, die aber mit Ackerrandstreifen, Blühflächen und Krautsäumen als Brücken zusammenhängende Korridore ergeben. Dazu nutzt man nicht nur Kommunalbesitz, sondern auch ökologische Vorrangflächen und Vertragsnaturschutzflächen der Landwirtschaft. Die Aktion Südpfalz-Biotope strebt die enge Zusammenarbeit mit den Landwirten an, denen durch Vertragsnaturschutz keinerlei finanzielle Einbußen entstehen. Seitens der Landwirte herrscht jedoch Unmut über die bürokratischen Hürden.

Vom Bistum Speyer kam ein starkes Signal, als großer Landverpächter den Naturschutz fördern zu wollen. Man bat die Aktion Südpfalz-Biotope um Unterstützung, diesen neuen Ansatz zur Wahrung der Schöpfung verwirklichen zu können.

Beim Thema Förderung der Biodiversität durch Landschaftspflege in den Kommunen stellte die Südpfalz-Biotop-Zentrale vor, dass 2019 schon zehn dreistündige Seminare angeboten wurden. 250 Teilnehmer konnten begrüßt werden, darunter Bürgermeister, weitere Entscheidungsträger und Mitarbeiter aus fünfzig Gemeinden.

Die Diskussionsrunde wünschte sich, dass in einiger Zeit die Gemeindemitarbeiter ein Auge dafür entwickelt haben, nur noch schonend in Krautsäume, Hecken und Ufer einzugreifen. Die oft gescholtenen Dienstleister sollen anstelle des schädlichen, großflächigen Mulchens gegen Aufpreis für den gewünschten höheren Aufwand ebenfalls eine Staffelmahd mit Mähgutentnahme und einen differenzierenden Heckenrückschnitt vornehmen dürfen. Wie die Stadt Germersheim berichtet, kann im Gegenzug wiederum die Einsatzhäufigkeit reduziert werden, was sogar insgesamt zu Einsparungen führt. Die Digitalisierung der gemeindeeigenen Flächen mit den jeweiligen Pflegevorschlägen muss Standard werden.

Wenn die Kommunen in ihren Dorfgemeinschaftsbiotopen ihre Hausaufgaben mit der richtigen Pflege machen, dann muss die Bevölkerung auch verstehen, welcher große Beitrag für das Angebot von Nektarpflanzen, Lebensraum und Winterquartieren für Insekten und Nahrung für Brutvögel und Wintergäste geleistet wird.

Dieter Zeiß, der erste Vorsitzende der NVS-Naturstiftung hob in seinem Schlusswort noch einmal die Bedeutung einer notwendigen Zusammenarbeit mit den Landwirten hervor und setzte große Hoffnung auf eine für die Natur und den Anbau vorteilhafte Entwicklung.

Er drückte seinen Dank aus für die überwältigende Teilnahme an einer denkwürdigen Veranstaltung aus allen Bereichen von der Regierung und ihren Behörden, der Politik, den Kommunen bis hin zu vielen weiteren Akteuren in der Landschaft.

Textquelle: Amtsblatt Offenbach Nr. 48 2019