30.01.2019 | Kopfweidenpflege am Kaiserbach bei Heuchelheim
Kopfweiden prägen das Bild vieler Niederungslandschaften. Entstanden ist die Form dieser lebendigen Landschaftselemente durch menschliche Nutzung. Durch das sogenannte „Köpfen“ der Weiden entstand zum einen deren teils markante Form, zum anderen dienten die regelmäßig entnommenen Weidenruten und -stangen zur Nutzung als Flechtmaterial für Körbe, Flechtzäune, das Ausflechten der Gefache im Hausbau oder als Bindeweiden im Weinbau. Die Silber-Weiden (Salix alba) und Korb-Weiden (Salix viminalis) gedeihen gut an nassen Standorten und wurden in Reihen vor allem entlang von Gräben und Wasserläufen angepflanzt. Die Triebfreudigkeit der Weiden führt dazu, dass an der Schnittstelle am Kopf immer wieder junge Triebe nachkommen, welche über viele Jahre hinweg nachwachsende Rohstoffe als Bau- und Brennmaterial liefern. Diese wirtschaftliche Nutzung ist in der heutigen Zeit nicht mehr gegeben. Infolge dessen sind die Kopfweiden stark gefährdet, drohen sie doch unter der Last der immer schwerer werdenden mehrjährigen Triebe auseinander zu brechen.
Jedoch gibt es auch heute noch gute Gründe diese Kopfweiden nicht nur wegen ihres prägnanten Erscheinungsbildes zu erhalten und zu pflegen. Die Kopfweiden sind jede für sich kleine Biotope und für den Artenschutz extrem wichtig, da sie verschiedensten Tierarten, insbesondere seltenen Insekten, Lebensraum bieten. Das Köpfen und Schneiden hinterlässt Wunden an den Bäumen, durch die Pilze ins Holz eindringen und Fäulnis, Vermorschung und Vermulmung in Gang setzen. In den entstehenden Höhlen finden viele Insekten, Vögel und auch Säugetiere Schutz. Alte, dickstämmige Weiden können bis zu 100 Käferarten beherbergen und zählen somit zu den artenreichsten Pflanzenarten in Mitteleuropa.
Höhlenbrütende Vogelarten wie Steinkauz, Gartenrotschwanz, Trauerschnäpper, Blau-, Kohl- und Weidenmeise, Feldsperling, Turmfalke und Hohltaube leben in den hohlen Stämmen ebenso wie Mäuse, Steinmarder, Siebenschläfer und Fledermäuse. Je älter und dicker die Kopfweiden werden, desto wertvoller sind sie für den Natur- und Artenschutz in unsererLandschaft, welche durch immer intensivere Nutzung und Bebauung Lebensräume für wildlebende Arten verliert.
Der Naturschutzverband Südpfalz e. V. mit seiner Stiftung zum Schutz von Landschaft und Natur in der Südpfalz möchte sich daher der Pflege der südpfälzischen Kopfweiden annehmen. Auf den Hinweis des NVS-Mitgliedes Werner Steigner wurde Ende 2018 eine erste Pflegemaßnahme an Kopfweiden auf Flächen der Gemeinde Heuchelheim am ehemaligen Mühlgraben zur Obermühle vorgenommen, ermöglicht durch eine gemeinsame Finanzierung durch den Förderverein zum Schutz und zur Pflege von Natur und Landschaft der Südlichen Weinstraße e. V. und dem Naturschutzverband Südpfalz e. V.
Weitere Kopfweidenpflege ist dringend notwendig, da das Auseinanderbrechen der Bäume neben einem immensen Verlust für die Natur oft auch eine Gefahr für die Nutzung von benachbarten Wegen und Straßen darstellt. In letzterem Falle sind die Grundstückseigentümer zwar schon aus Gründen der Verkehrssicherheit verpflichtet einzugreifen, jedoch sollte unbedingt ein fachkundiger Schnitt vorgenommen werden um den Erhalt der Bäume für Mensch und Natur gleichermaßen zu gewährleisten und nicht etwa wertvolle alte Baumköpfe mit Brutstätten von Tieren komplett zu entfernen. Um Pflegemaßnahmen an Kopfweiden in den Landkreisen Südliche Weinstraße, Germersheim und im Bereich der Stadt Landau auf den Weg bringen zu können, ruft der Naturschutzverband Südpfalz e. V. daher seine Mitglieder und die Bevölkerung auf, pflegebedürftige Kopfweiden und ihre Standorte zu melden. Die zum Januar 2019 mit drei Mitarbeitern besetzte Südpfalz-Biotop-Zentrale der Stiftung zum Schutz von Landschaft und Natur in der Südpfalz in Kleinfischlingen sammelt die Informationen und plant die Finanzierung und Umsetzung der Kopfweidenpflege.
Kontakt: Südpfalz-Biotop-Zentrale, Robin Kaltenbach; Telefon: 06347 4738878 oder E-Mail.
Text: Naturschutzverband Südpfalz (NVS)